9. Kapitel
Meine fehlgeschlagenen
oder nur halb erfüllten Aufträge und Projekte
Nachdem ich bis jetzt von
meinen Erfolgen berichtet habe, sollen hier einige Fehlschläge zur
Sprache kommen.
Die schmerzlichsten
Fehlschläge hatte ich in meiner frühen Jugend zu verkraften. Mit allem,
was mir später daneben gegangen ist, bin ich dann viel besser fertig
geworden, denn einerseits war ich meinem Schicksal nicht mehr so hilflos
ausgeliefert, wie man das als Kind oder Jugendlicher ist, und
andererseits stehen einem später Ausflüchte zur Verfügung oder man kann
hier und da noch einiges verbergen. An die Stelle von hoffnungsloser
Ausweglosigkeit sind später nur noch Unbehagen und Selbstvorwürfe
getreten, die sich unterschiedlich schnell wieder verflüchtigt haben.
Allein das emotional verankerte Unbehagen für ein paar unnötige
Misserfolge ist mir auf Dauer in der Erinnerung geblieben.
Ziegenbesamung
In meinem Berufsleben war
ich neben anderem zuerst als Besamungstechniker und nach meinem Studium
als Tierarzt mit der Ziegenbesamung befasst, was mir zunächst nicht nur
wenig Freude bereitete, sondern auch ganz und gar erfolglos verlaufen
ist. Dabei soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass die instrumentelle
Samenübertragung bei Ziegen aufgrund der anatomischen Verhältnisse
komplizierter als bei Rindern ist. Nach meiner Ausbildung zum
Besamungstechniker wurde ich im Herbst 1957 unvermutet aus der
Rinderbesamung abkommandiert und gegen meinen Willen als Ziegenbesamer
nördlich von Erfurt nach Weißensee beordert. In den umliegenden Dörfern
von Weißensee bis nach Sömmerda hatte ich zuerst die Ziegenbesamung zu
organisieren, um danach deren Durchführung zu bewerkstelligen. Als
Organisator kam ich mir erst einmal recht wichtig vor, denn in den
einzelnen Gemeinden wurde das von der obersten Tierzuchtleitung des
Bezirkes verordnete Projekt Ziegenbesamung sehr unterstützt. In jedem
der angeschlossenen Dörfer mussten Besamungsaußenstellen eingerichtet
werden, wo die Ziegen zu bestimmten Tageszeiten für die Besamung
versammelt werden sollten.
Als die Besamungsaison1
der Ziegen begann, erschienen anfangs nur einzelne laut nach einem Bock
meckernde Ziegen und wurden besamt. Mit der Zeit nahm ihre Zahl jedoch
ständig zu, bis es schließlich für mich immer unbehaglicher wurde, weil
es nicht nur ständig mehr wurden, sondern weil die zuerst besamten
Ziegen wegen erfolgloser Besamung erneut erschienen. Die Methode der
Ziegenbesamung mit Sperma, das für ein bis drei Tage konserviert werden
konnte, war damals noch nicht praxisreif und auch meine Abneigung
dagegen war keine günstige Voraussetzung
1
Ziegen
folgen ihrem jahreszeitlich fixierten Fortpflanzungszyklus, werden gegen
Herbstende bis in den Winter brünstig und paaren sich (oder werden
besamt). Nach einer Trächtigkeitsdauer von durchschnittlich 150 Tagen
kommen die Lämmer zum Ende des Winters und im Frühjahr zur Welt.
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